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SchreckenBlog
Gespräch
KOMMENTAR/HINTERGRUND zu Maltes und Hennings -> EINTRAG
20.08.2013
Haarige Füße ...
über Eierfunde, ein verlorenes Schreckenbein, Haare an den Füssen, Täuschungen und das Taubenschwänzchen- & Wanderfalter-Monitoring
"van der Waals", (c) Roter Fleck Verlag
Lieber Malte,
lieber Henning,

willkommen zurück aus den Ferien! Wir freuen uns, dass Ihr Euch gleich mit neuen Beobachtungen und Vermutungen meldet. Hierzu Folgendes:

Eierfunde

Eure Eierfunde haben wir sofort in die -> SchreckenEi-Statistik übernommen. Weil Ihr nicht mit der "Ein Anfang"-Veranstaltung in das SchreckenPatenProgramm eingestiegen seid, wissen wir nicht genau, wieviele Eier Ihr eigentlich in Eurem Terrarium hattet, als Ihr es von uns bekommen habt. Wisst Ihr das noch?

Brutkasten

Die Eier in ein Gefäß zu tun und dort zu beobachten, was passiert, ist eine Möglichkeit. Florian und Felix machen das auch so. Eine andere Möglichkeit ist der Brutkasten von Max (siehe -> Eintrag). Der war allerdings nur ein Konstruktionsvorschlag, den Max selbst - soweit wir wissen, wir fragen ihn aber nochmal - nicht realisiert hat. Lucie dagegen hat einen Brutkasten gebaut (siehe -> Konstruktionsskizze). Und der funktioniert auch tatsächlich, in dem Sinne, dass bei Lucie Schreckennymphen (Jungschrecken) geschlüpft sind (siehe u.a. -> Eintrag). Generell ist es aber so, dass wir bisher nicht wissen, ob die Nymphen in einem Brutkasten schneller oder erfolgreicher schlüpfen. Sicher wissen wir im Moment nur, dass sie auch ohne Brutkasten schlüpfen, d.h. bei Zimmertemperatur, ohne dass sie besonders behandelt oder beheizt oder .... werden. Das können alle SchreckenPaten bestätigen, die schon Nymphen haben, denn außer Lucie hat bisher niemand einen Brutkasten gebaut.
Nochmal anders gesagt: Ihr könnt die Eier einfach im Terrarium liegen lassen, könnt sie aber auch - so wie Ihr das gemacht habt - in einem Gefäß sammeln und da beobachten oder Ihr könnt Max und/oder Lucie nochmal fragen, wie das genau geht, mit dem Brutkasten und es selbst ausprobieren. Eine Forschungsfrage, die wir bisher nicht beantworten können, ist, ob die Nymphen schneller (oder vielleicht sogar langsamer) schlüpfen, wenn die Temperatur höher ist (Brutkasten). Beides wäre möglich bzw. es wäre denkbar, dass die Anzahl erfolgreich geschlüpfter Schrecken (hierzu -> Eintrag) niedriger oder höher ist, je nachdem, wie hoch die Temperatur ist. All das wissen wir im Moment nicht. Wir wissen lediglich, dass Schrecken an sich keinen Brutkasten brauchen, um zu schlüpfen. Denn das tun sie auch so.

Flügelansätze und Geschlechtsbestimmung

Flügelansätze sind bei den Nymphen (Jungschrecken) schon nach der ersten Häutung erkennbar. Erwachsen/geschlechtsreif sind die Tiere allerdings erst, wenn die Flügelrudimente (Reste) voll entwickelt und "rot aufstellbar" sind (hierzu auch -> Eintrag). Das sind sie nach der letzten Häutung. Sind sie das bei Euren Schrecken schon? Männchen erkennt Ihr an einer keulenförmigen Verdickung am Abdomen (Hinterleib). Weibchen haben einen insgesamt dicklicheren Hinterleib, der aber keine keulenförmige Verdickung hat.

"Krieg und Frieden" zwischen Schrecken / Verlorenes Bein

Das ist eine sehr interessante Frage, die Ihr da stellt, nämlich die nach dem Schreckenverhalten. Das müssten wir zusammen herausfinden, ob die sich immer vertragen oder ob und wann es ggf. Streit und Kämpfe gibt. Unser erster Eindruck ist, dass sich erwachsene Männchen untereinander nicht immer "lieb" sind, d.h. sich manchmal "kappeln". Ob sie allerdings kämpfen und sich hierbei verletzen können, haben wir noch nicht beobachtet. Liebe SchreckenPaten, hat das jemand von Euch beobachtet, dass die Schrecken kämpfen und sich dabei gegenseitig verletzen können? 
Vermutet Ihr, dass das "verlorene Bein" abgebissen wurde? Oder abgerissen oder .... ? Wenn Ihr einen "Abbiß" vermutet, müssten wir erstmal herausfinden, wie die Mundwerkzeuge der Schrecken funktionieren, wie stark die sind, ob die damit wirklich ein Bein abbeißen könnten - unabhängig davon, ob sie das auch machen würden, was eine zweite Frage wäre.

Eine andere Vermutung könnte sein, dass sich Eure Schrecke ihr Bein ausgerissen hat. Wußtet Ihr, dass die Beine und Antennen von Schrecken nachwachsen können, solange sie noch nicht er-, d.h. ausgewachsen sind? Falls Eure "fünfbeinige Schrecke" noch eine oder mehrere Häutungen vor sich hat, könnte es sein, dass ihr Bein nachwächst. Berichtet Ihr uns, ob ihr Bein nachwächst?

Schreckenfüße und Haare

Das ist eine super Beobachtung und Vermutung von Euch, die mit den Haaren an den Füßen der Schrecken: das stimmt, die Schrecken haben da wirklich ganz kleine Härchen. Und was auch stimmt, ist, dass es Tiere gibt, die sich an Glasscheiben festhalten und daran hochklettern können, OHNE das mit Saugnäpfen oder Klebstoff zu tun, sondern nur mit den Härchen an den Füßen.
Ein Beispiel dafür sind Geckos wie z.B. Teratoscincus scincus keyserlingii, der Große Wundergecko (siehe "Wundergecko"-Kapitel in -> Furcipus). Der Grund dafür, dass dieser Gecko sogar Spiegel senkrecht hochklettern kann, sind Van-der-Waals Kräfte. Das sind sehr schwache Wechselwirkungen, die aufgrund von kurzzeitigen asymmetrischen Ladungsverteilungen um Atome entstehen. Das hört sich sehr kompliziert an und ist es auch. Ohne diese Kräfte hier im Einzelnen zu erklären (wenn Ihr möchtet, leiten wir Fragen, die Ihr hierzu vielleicht habt, gerne an einen Experten weiter), ist wichtig, festzuhalten, dass diese Haftkräfte dadurch entstehen, dass die Fußsohlen des Geckos mit senkrechten Hautlamellen besetzt sind, die nahezu unendlich viele, selbst unter sehr starken Mikroskopen noch winzigste - nur einige NANOmeter lange und dünne - Härchen sitzen, die hakenartige Fortsätze haben. Diese Krällchen setzen sich in allerkleinste Unebenheiten und Vertiefungen, die - auf mikroskopischer Ebene - selbst an der Oberfläche von Spiegeln vorhanden sind. Der Schreckenfuß "verhakt" sich also mit seinen nahezu unendlich vielen Härchen (wie der grüne Handfeger) in den Unebenheiten der Glasscheibenoberfläche (breitere Borsten des roten Besens) und "hält sich so fest". Obgleich einzeln also nur sehrsehrsehr schwach, halten die Van-der-Waals Kräfte das Körpergewicht des Geckos, da sie in einer riesigen Zahl, nämlich an jedem der nahezu unendlich vielen winzigsten Härchen am Geckofuß, angreifen.
Es könnte also sein, dass Schrecken - wie der Gecko - unendlich viele winzigste Härchen an den Fußsohlen haben und sich "alleine" damit an den Glasscheiben des Terrariums festhalten können. Wie könnten wir diese Vermutung überprüfen?

Klebstoffe und "Artefakte"

Ihr schreibt, dass der Schreckenfuß, den Lucie fotografiert hat (siehe -> Eintrag), schleimig und feucht aussieht. Das stimmt. Ihr folgert daraus, dass es doch sein könnte, dass die Schrecken einen Klebstoff benutzen, um sich festzuhalten.
Das könnte stimmen. Um das herauszukriegen, müssen wir Lucie erstmal fragen, WAS sie genau fotografiert hat, als sie den Schreckenfuß fotografierte. Sonst ziehen wir vielleicht völlig falsche Schlußfolgerungen aus dem Foto. Lucie schrieb, dass die Schrecke, deren Fuß sie fotografiert hat, tot war, d.h. auf dem Bild sehen wir keine lebende Schrecke, die ihren Fuß gerade "benutzt", sondern den Fuß einer konservierten Schrecke. Das Bild erscheint also nur auf den ersten Blick eindeutig. Auf den zweiten ist es das nicht. Denn wir wissen nicht, ob Lucie eine getrocknete Schrecke (Trockenpräparat) unter das Binokular gelegt hat, oder eine Schrecke, die sie in Alkohol aufbewahrt hatte (Feuchtpräparat, hierzu -> Eintrag). Ihr merkt, wo das "Problem" sein könnte? Falls Lucie eine in Alkohol konservierte Schrecke unter das Binokular gelegt hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass der Schreckenfuß feucht aussieht, weil das Präparat feucht ist. Über den Fuß einer lebenden Schrecke sagt das aber nichts aus.

Was Ihr an diesem Beispiel seht, ist, dass das "was man sieht", gerade auf Fotos, die man nicht selbst gemacht hat, manchmal nicht so eindeutig ist, wie es erstmal scheint. Manchmal braucht man sehr viel "Hintergrundwissen" zur Entstehung eines Bildes (tote Schrecke, wie präpariert, wie funktioniert ein Binokular, denn ggf. hat auch das Einfluss auf das Bild), um richtige Schlüsse aus einem Foto ziehen zu können.

Wenn man darauf nicht achtet, d.h. ohne ausreichendes Hintergrundwissen Schlüsse aus Fotos oder Messdaten oder ... zieht, kann es passieren, dass man sogenannten Artefakten aufsitzt. Damit bezeichnet man Täuschungen, die mit dem eigentlichen Forschungsgegenstand nichts zu tun haben, sondern durch den Forscher selbst entstehen, indem er beispielsweise nicht bedenkt, dass er seinen Forschungsgegenstand "in Alkohol" fotografiert hat, dass die scheinbare Feuchtigkeit also nichts mit einem lebenden Schreckenfuß zu tun hat, sondern ggf. nur durch seine eigene Präparationsmethode zustande gekommen ist. Ihr merkt also, dass in der Wissenschaft ALLES wichtig sein kann, dass es wichtig ist, dass man immer genau beschreibt, WAS man z.B. fotografiert, WIE bestimmte Experimente durchgeführt worden sind usw., damit andere Forscher genau wissen, WAS sie sehen oder eben nicht sehen, um sich nicht zu "täuschen".

Taubenschwänzchen: Wanderfalter-Monitoring

Das ist ja spannend, dass Ihr auch ein Taubenschwänzchen (hierzu -> Eintrag) in Tirol beobachtet habt. Wißt Ihr, dass es wichtig ist, Beobachtungen von Wanderfaltern zu erfassen, um herausfinden zu können, wie sie wandern, denn es könnte sein, dass sich das - z.B. mit der Veränderung des Klimas - ändert? Es scheint nämlich so zu sein, dass Taubenschwänzchen, dadurch, dass es immer wärmer wird, in Europa, immer weiter nach Norden fliegen. Um das herausfinden zu können, solltet Ihr Eure Taubenschwänzchen-Beobachtungen online registrieren, d.h. in einer Datensammlung genau angeben, wo und wann Ihr ein Taubenschwänzchen gesehen habt. So leistet Ihr einen wichtigen Beitrag zur Forschung und auch zum Natur- bzw. Artenschutz. Wenn Ihr wollt, schaut mal auf dieser Internetseite: hier werden Beobachtungsdaten von Wanderfaltern, so eben auch vom Taubenschwänzchen, gesammelt und ausgewertet: -> Science4you: Wanderfaltermonitoring


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